Alte Tierarztpraxis

cf: Middle Park

Raphael wusste nicht genau, wie lang er schon der Frau mit den Einkaufstaschen folgte, die sich bei ihrem Aufeinandertreffen so komisch benommen hatte, doch ihm wurde schnell klar, dass sie es wohl doch nicht so eilig hatte, wie sie meinte.
Mit der U-Bahn fuhren sie einen Stadtteil weiter, bevor die Frau ausstieg und Raphael ihr heimlich folgte. Dabei achtete er darauf, möglichst viel Abstand zu halten, doch sich nicht zu weit von ihr zu entfernen und sie so leicht aus den Augen verlieren zu können.
Die Treppen der Station hinauf, auf eine vollgestopfte Straße, auf der der ehemalige Medizinstudent sein Ziel beinahe verloren hätte. Doch als die Menschenmasse sich am Ende der Srtraße ein wenig löste, fand er sie wieder, wie sie gerade um eine Ecke bog, in eine schmale Gasse, die zwischen zwei Hochhäusern ihren Weg in die hinteren Reihen der dicht besiedelten Häuserreihen fand.
Kaum hatte Raphael die kleine Gasse passierte, wurde es schlagartig ruhiger. Keine lauten Fahrzeuge mehr, kein endloses Gewusel von Menschen. Entspannt konnte er aufatmen, doch er hatte nicht viel Zeit um die Ruhe zu genießen. Sein Blick huschte die weitaus kleine und weniger befahrene Straße entlang, auf der Suche nach der junge Frau. Diese verschwand gerade in einer weiteren Gasse, die noch enger und düsterer war, als die davor.
Langsam wuchs in Raphael neben der Neugier auch ein wenig die Sorge.. wo wollte sie nur hin?
Hatte sie ihn vielleicht längst bemerkt und wollte ihn abhängen? Mit einem Kopfschütteln setzte er wieder zur Verfolgung an. Er war zwar kein geübter Privatdetektiv, aber so auffällig, dass man ihn bemerken konnte, hatte er sich auch nicht verhalten.
Die spontane Verfolgung ging noch ein paar Minuten weiter, in denen sich die Frau immer weiter in die tiefen der Stadt begab. Mit jeder Straße, die sie passierten, wurde die Gegend merklich schlechter. Die Häuser wurden älter und brüchiger, und die Leute auf den Straßen trugen immer häufiger zerschlissene Kleidung.
Raphael blieb abrupt stehen, als die junge Frau in einem kleineren Haus verschwand. Er wartete einen Moment, bevor er an den Eingang heran trat und das Gebäude unter die Lupe nahm.
Einem Schild nch zu urteilen, welches neben der Tür hing, handelte es sich bei dem Haus um eine Tierarztpraxis. Keine gute besuchte, wenn man sich den Zustand des Hauses ansah.
Für einen Moment zögerte Raphael.. hatte er sich vielleicht einfach nur in sein Misstrauen hineingesteigert? Doch nun wo er schonmal hier war, konnte er der Sache auch noch weiter nachgehen, oder?
Noch bevor er weiter darüber nachdachte, griff er nach dem Türknauf und verschwand im Inneren der vermeitlichen Praxis.

Das Innere der Praxis war in einem ähnlich schlechten Zustand wie die Fassade. Die Stühle im Wartebereich waren alt und das Metall der Beine begann langsam zu rosten. Risse zogen sich durch die Wand und die gelbe Farbe blätterte langsam aber sich ab.
Raphael wusste nicht genau, was im dieser Eindruck sagen sollte. Zu irgendeinem Zeitpunkt war dies hier mal eine Praxis gewesen, aber.. war dies immer noch so?
Für einen Moment stand er einfach da, als die Tür hinter ihm leise in Schloß fiel. Doch das leise, gedämpfte Murmeln einer Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und erinnerte ihn daran, was er eigentlich vorhatte. Auf leisen Sohlen schlich Raphael erst am Tresen vorbei, wo er kurz verharrte und in den hinteren Bereich der Praxis hinein zu lauschen. Er hörte nur das Murmeln der Stimmen und diese Schienen auch nicht näherzukommen. Am Tresen vorbei, betrat Raphael langsam den hinteren Flur, von dem genau drei Türen aus in weitere Räume führten. Den Schildern nach zu urteilen, war der Raum, aus dem die Stimmen kamen, ein Sprechzimmer. Vorsichtig legte Raphael sei Ohr an die alte Holztür, die den Eindruck erweckte, als könnte sie ein Kind eintreten.
"..und dich hat niemand gesehen?" "Nein, wirklich nicht. Es kam gerade irgendein wichtiger Notfall rein, da hatte keiner Zeit sich auf mich zu konzentrieren." die erste Stimme kannte Raphael nicht, sie klang kratzig. Aber die zweite war definitiv von der Frau, die er verfolgt hatte. Auf seinem Weg durch die Praxis kam er sich für einen Moment ziemlich blöd vor. Einfach so eine Frau verfolgen, wie ein Creep, nur weil er da so ein komischen Bauchgefühl hatte. Aber was er jetzt gerade hörte, klang doch verdächtig.. oder nicht? Fehlte ihm vielleicht einfach der Kontext?
"Meinst du, sie werden Verdacht schöpfen? Sollte es so sein, solltest du vielleicht erst einmal eine Pause machen.. schließlich.." "Nein! Wir brauchen diese Medikamente.. das weißt du genauso gut wie ich. Ich werde vorsichtig sein.. das verspreche ich dir." Raphaels Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig. Medikamente? Plötzlich breitete sich das ungute Gefühl in der Magengegend in seinen ganzen Körper aus. Hatte diese Frau etwa gestohlene Medikamente in ihrer Tasche gehabt, die sie so auffällig hinter sich versteckt hatte? Es würde Sinn ergeben. Eine Tasche gefüllt mit Schmerzmitteln und Co. war ziemlich auffällig.. und verdächtig.
Also hatte diese Frau eine andere Praxis, oder eher ein Krankenhaus, bestohlen.. doch was hatte sie mit den Medikamenten vor? Waren es Abhängige? Oder verkauften sie von hier aus die Medikamente weiter?
Raphael wusste nicht genau, was die Intention dieser Leute war, aber er wusste genau, dass er etwas tun musste. Entschlossen griff er nach dem Knauf der Tür und stieß sie auf.